Bundesfinanzministerium veröffentlicht Referentenentwurf

Ausgangslage

canolaSpätestens seit die Finanzministerkonferenz am 21. Juni 2018 die politische Diskussion zur Verschärfung des Grunderwerbsteuergesetzes im Hinblick auf sog. Share Deal-Strukturen konkretisiert hatte, mussten Transaktionen unter erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf ihre grunderwerbsteuerlichen Konsequenzen strukturiert werden. Nunmehr hat das Bundesfinanzministerium endlich einen ersten Referentenentwurf zur Grunderwerbsteuerreform veröffentlicht und damit die geplanten Rahmenbedingungen abgesteckt, auf die sich die Marktteilnehmer einstellen müssen.

Im Kern ist es bei den seit Juni 2018 erwarteten Maßnahmen geblieben. Allerdings ist jetzt erstmals der geplante zeitliche Anwendungsbereich konkretisiert worden. Grundsätzlich sollen die neuen Regelungen erst für Erwerbsvorgänge ab dem 1.1.2020 gelten. 

Geplante Änderungen

  1. Herabsetzung der 95 %-Grenze auf 90 %Bei sämtlichen gesellschaftsrechtlich anknüpfenden Ersatztatbeständen soll die entsprechende Beteiligungshöhe von mindestens 95 % auf mindestens 90 % der Anteile herabgesetzt werden.
  2. Aufstockung der Fristen von 5 auf 10 Jahre (bzw. 15 Jahre)Insgesamt sollen sämtliche grunderwerbsteuerlichen Fristen von bislang 5 auf 10 Jahre erhöht werden; die Vorbehaltensfrist für die Befreiungen für Altgesellschafter im Falle einer grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung bei einer Personengesellschaft soll sogar auf 15 Jahre erhöht werden. Die Vorschrift soll Gestaltungen zusätzlich erheblich erschweren, bei denen ein zeitlich gestreckter Erwerb von Anteilen am Vermögen einer grundbesitzenden Personengesellschaft erfolgt. Insgesamt kommt es damit zu deutlich längeren Fristen für ein notwendiges Engagement des Veräußerers.
  3. Ausdehnung des Ergänzungstatbestands für Personengesellschaften auf KapitalgesellschaftenDer Sondertatbestand für Gesellschafterwechsel, der derzeit nur für Personengesellschaften gilt, soll künftig auch für Kapitalgesellschaften gelten. Danach lösen auch Gesellschafterwechsel an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften in Höhe von mindestens 90 % innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren Grunderwerbsteuer aus, unabhängig davon, ob ein Gesellschafter selbst direkt oder indirekt 90 % oder mehr der Anteile hält. Eine vollständige Veräußerung grundbesitzender Kapitalgesellschaften an einen Erwerber sowie einen Co-Investor ist damit wie erwartet nicht mehr ohne Grunderwerbsteuer möglich. Der Veräußerer müsste als Altgesellschafter mit mehr als 10 % beteiligt bleiben. Steuerschuldner für den neuen Tatbestand soll – wie bei der Personengesellschaft – die Kapitalgesellschaft selbst sein. Die besonderen Steuererleichterungen, die für Personengesellschaften gelten, sind nicht vorgesehen, was zu erheblichen Unwuchten und Systemwidrigkeiten führen dürfte. Die Vorschrift greift zudem weit über die Immobilienbranche hinaus und wird insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften zu einem erheblichen Vollzugsdefizit führen.
  4. Zeitlicher AnwendungsbereichErfreulich ist immerhin, dass der Gesetzgeber entgegen ersten Befürchtungen doch nicht plant, die Vorschriften rückwirkend in Kraft zu setzen. Grundsätzlich sollen die neuen Regelungen erstmals für Erwerbsvorgänge gelten, die ab dem 1.1.2020 verwirklicht werden.

    Es gibt allerdings Übergangsregelungen für gestreckte Erwerbsvorgänge, wonach die alten Regelungen dann noch Anwendung finden, wenn der Kaufvertrag innerhalb eines Jahres vor offizieller Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag abgeschlossen wurde und der Vollzug des Kaufvertrages dann spätestens innerhalb eines Jahres danach erfolgt. Das ist einerseits aus Vertrauensschutzgründen geboten, andererseits aber natürlich sehr knapp bemessen und deswegen verfassungsrechtlich bedenklich.

    Um keine „Reformgewinner“ zu erzeugen sollen die Altregelungen für Beteiligungen zwischen 90 und 95% weitergelten. Wer allerdings in die Position eines sog. Altgesellschafters einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch Ablauf der Fünf-Jahresfrist hingewachsen ist, dem wird dieser Status nicht wieder entzogen. Für alle anderen verlängert sich die Frist jedoch auf zehn Jahre.

Insgesamt ist selbstverständlich das weitere Gesetzgebungsverfahren abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.