von Rainer Wilke, Dr. Natalie Daghles, Dr. Tobias Leder, Joachim Grittmann, Dr. Ulrich Klockenbrink, Dr. Thomas Fox
Das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie haben ein Maßnahmenpaket für Beschäftigte und Unternehmen angekündigt, um die Auswirkungen von COVID-19 abzufangen:
ERSTE SÄULE – Kurzarbeitergeld flexibilisieren
Staatliche Zuschüsse (das sogenannte Kurzarbeitergeld) sollen für Unternehmen leichter verfügbar werden, um erhebliche Gehaltseinsparungen erzielen zu können, wenn Arbeitnehmer zeitweise nicht beschäftigt sind. Die folgenden Regelungen werden rückwirkend für Anfang März 2020 angepasst und die Zugangsvoraussetzungen wie folgt gelockert:
- Absenkung des Quorums der von Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten im Betrieb auf bis zu 10 %;
- teilweiser oder vollständiger Verzicht auf Aufbau negativer Arbeitszeitsalden;
- Kurzarbeitergeld auch für Leiharbeitnehmer;
- vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit.
ZWEITE SÄULE – Steuerliche Liquiditätshilfe für Unternehmen
Um die Liquidität bei Unternehmen zu verbessern, werden Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen und zur Senkung von Vorauszahlungen eingeführt:
- Finanzbehörden können Steuern stunden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte darstellen würde. Die Finanzverwaltung wird angewiesen, dabei keine strengen Anforderungen zu stellen.
- Sobald klar ist, dass die Einkünfte der Steuerpflichtigen im laufenden Jahr voraussichtlich geringer sein werden, sollen die Steuervorauszahlungen unkompliziert und schnell herabgesetzt werden.
- Auf Vollstreckungsmaßnahmen (z.B. Kontopfändungen) beziehungsweise Säumniszuschläge wird bis zum 31. Dezember 2020 verzichtet, solange der Schuldner einer fälligen Steuerzahlung unmittelbar von den Auswirkungen des COVID-19 betroffen ist.
DRITTE SÄULE – Schutzschild für Betriebe und Unternehmen
Das deutsche Bundesministerium der Justiz und des Verbraucherschutzes hat angekündigt, dass es eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (relevanter Zeitraum ist derzeit drei Wochen) zunächst bis zum 30. September 2020 für Unternehmen vorbereitet, die von den COVID-19 Auswirkungen betroffen sind. Die Aussetzung soll Unternehmen ermöglichen, gemeinsam mit ihren jeweiligen Banken zusätzliche staatlich geförderte Finanzierungsmittel in einer Situation zu organisieren, in der ein erheblicher Bedarf an zusätzlichen Finanzierungen auf Institutionen trifft, die durch COVID-19 gleichzeitig operativ beeinträchtigt sind.(siehe auch: Abhilfe für Geschäftsführer und Vorstände in Zeiten von COVID-19: Aussetzung von Insolvenzantragspflichten und Einschränkungen von Haftungsvorschriften)
Um zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen, werden die bestehenden Liquiditätshilfeprogramme ausgeweitet, um den Unternehmen den Zugang zu günstigen Krediten zu erleichtern:
- Die Bedingungen für den KfW-Unternehmerkredit (für Bestandsunternehmen) und ERP-Gründerkredit-Universell (für junge Unternehmen unter fünf Jahre) werden gelockert, indem Risikoübernahmen (Haftungsfreistellungen) für Betriebsmittelkredite erhöht und die Instrumente auch für Großunternehmen mit einem Umsatz von bis zu 2 Mrd. Euro ausgeweitet werden (bisher lag die Grenze bei 500 Mio. €). Höhere Risikoübernahmen von bis zu 80% für Betriebsmittelkredite bis 200 Millionen Euro sollen die Bereitschaft von Hausbanken für eine Kreditvergabe anregen.
- Beim “KfW-Wachstumskredit”, dem Programm für größere Unternehmen, wird die derzeitige Umsatzgrenze von zwei Milliarden Euro auf fünf Milliarden Euro erhöht. Dieser „KfW Kredit für Wachstum“ wird umgewandelt und künftig für Vorhaben im Wege einer Konsortialfinanzierung ohne Beschränkung auf einen bestimmten Bereich (bisher nur Innovation und Digitalisierung) zur Verfügung gestellt. Die Risikoübernahme wird auf bis zu 70% (von bisher 50%) erhöht.
- Für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro erfolgt eine Unterstützung wie bisher nach Einzelfallprüfung.
Bei den Bürgschaftsbanken wird der Bürgschaftshöchstbetrag auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt. Der Bund wird seinen Risikoanteil bei den Bürgschaftsbanken um 10% erhöhen, damit die in der Krise schwer einzuschätzenden Risiken leichter geschultert werden können. Die Obergrenze von 35% Betriebsmitteln am Gesamtobligo der Bürgschaftsbanken wird auf 50% erhöht. Um die Liquiditätsbereitstellung zu beschleunigen, eröffnet der Bund die Möglichkeit, dass die Bürgschaftsbanken Bürgschaftsentscheidungen bis zu einem Betrag von 250.000 Euro eigenständig und innerhalb von drei Tagen treffen können.
Das bislang auf Unternehmen in strukturschwachen Regionen beschränkte Großbürgschaftsprogramm (parallele Bund-Länder-Bürgschaften) wird für Unternehmen außerhalb dieser Regionen geöffnet. Der Bund ermöglicht hier die Absicherung von Betriebsmittelfinanzierungen und Investitionen ab einem Bürgschaftsbedarf von 50 Mio. Euro und mit einer Bürgschaftsquote von bis zu 80%.
In der Pressemitteilung der Bundesregierung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese oben genannten Maßnahmen durch die bisherigen beihilferechtlichen Regelungen abgedeckt sind.
Für Unternehmen, die krisenbedingt vorrübergehend in ernsthaftere Finanzierungsschwierigkeiten geraten sind und daher nicht ohne weiteres Zugang zu den bestehenden Förderprogrammen haben, werden zusätzliche Sonderprogramme für alle entsprechenden Unternehmen bei der KfW aufgelegt. Das wird dadurch ermöglicht, dass die Risikotoleranz der KfW krisenadäquat erhöht wird. Dafür werden die Risikoübernahmen bei Investitionsmitteln (Haftungsfreistellungen) deutlich verbessert und betragen bei Betriebsmitteln bis zu 80%, bei Investitionen sogar bis zu 90 %. Darüber hinaus sollen für diese Unternehmen konsortiale Strukturen angeboten werden. Diese Sonderprogramme sind bei der EU-Kommission zur Genehmigung angemeldet.
Abhilfe für Geschäftsführer und Vorstände in Zeiten von COVID-19: Aussetzung von Insolvenzantragspflichten und Einschränkung von Haftungsvorschriften
VIERTE SÄULE – Stärkung des Europäischen Zusammenhalts
- Die Bundesregierung begrüßt die Idee der Europäischen Kommission, für eine „Corona Response Initiative“ mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro.
- Sie begrüßt ebenfalls die Ankündigung der europäischen Bankenaufsicht, bestehende Spielräume zu nutzen, damit Banken weiter verlässlich Liquidität an die Wirtschaft geben können sowie die angekündigten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Bereitstellung von Liquidität für Banken.
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