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DSGVO-Schadensersatz: Bundesarbeitsgericht ebnet Weg für Massenklagen

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von Tim WybitulDr. Isabelle Brams

Nach der Auffassung der Richter soll bereits ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben einen zu ersetzenden Schaden nach Art. 82 Abs. 1 EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) darstellen. Die Haftung des Verantwortlichen soll zudem kein Verschulden voraussetzen.

Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 28. August 2021 einige Rechtsfragen zur Auslegung von Art. 9 und Art. 82 DSGVO zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschl. v. 26.08.2021 – 8 AZR 253/20 (A), hier abrufbar). Das BAG trifft dabei bereits einige recht deutliche Aussagen zu der aus seiner Sicht maßgeblichen Auslegung von Art. 82 DSGVO. Das BAG befürwortet eine sehr weite Auslegung der Norm und stellt ungewöhnlich niedrige Anforderungen an die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Datenschutzverstößen. Danach soll bereits der bloße Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO einen ersatzfähigen immateriellen Schaden begründen. Die Haftung nach Art. 82 DSGVO setzt aus Sicht des BAG auch kein schuldhaftes Handeln des Verantwortlichen voraus. Sollte der EuGH diese extensive Auslegung bestätigen, drohen Unternehmen weitreichende Haftungsrisiken bis hin zu DSGVO-Massenklagen. Aber auch für bereits jetzt schon vor deutschen Gerichten anhängige Klagen wegen DSGVO-Schmerzensgeldern hat die Entscheidung Auswirkungen. Der vorliegende Beitrag stellt den Beschluss des BAG und seine Folgen für die Praxis dar. Continue Reading

Bundesinnenministerium bestätigt: Datenschutzbehörden können DSGVO-Geldbußen nicht direkt gegen Unternehmen verhängen

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von Tim Wybitul, Prof. Dr. Thomas Grützner, Dr. Stefan Bartz, Dr. Isabelle Brams

Die deutschen Datenschutzbehörden verhängen derzeit Bußgelder wegen Verstößen gegen die DSGVO direkt gegen das jeweilige Unternehmen. Diese Möglichkeit ergibt sich nach Ansicht der Behörden aus dem sogenannten (kartellrechtlichen) „funktionalen Unternehmensbegriff“, der in Erwägungsgrund 150 S. 3 DSGVO angelegt sei. Art. 83 DSGVO enthalte demnach eine Funktionsträgerhaftung, die den Regelungen des deutschen Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) vorgehe. Für die Behörden würde dies in der Praxis – vereinfacht gesagt – zu faktischen Beweiserleichterungen bei der Verhängung von Bußgeldern führen.

Das Landgericht Bonn gab den Datenschutzbehörden in dieser Frage in einer Entscheidung aus dem Jahr 2020 Recht. Die nach deutschem Recht geltenden §§ 130, 30 OWiG, die eine zurechenbare Anknüpfungstat einer Leitungsperson voraussetzen, widersprächen EU-Recht. Sie seien daher bei DSGVO-Bußgeldern nicht anwendbar. Das Landgericht Berlin gelangte in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung zum gegenteiligen Ergebnis. Continue Reading

DSGVO-Schadensersatz: Bundesarbeitsgericht legt Europäischem Gerichtshof wesentliche Fragen zur Anwendung von Art. 82 DSGVO vor

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von Tim Wybitul

Überblick

Immer mehr Kläger fordern immateriellen Schadensersatz von Unternehmen, die ihre personenbezogenen Daten verarbeiten. Dementsprechend kommen auch immer mehr Fälle vor Gericht. Allein das deutsche Latham-Team verteidigt Mandanten gegen mehrere tausend Anspruchsteller in solchen Verfahren – Tendenz deutlich steigend. Mittlerweile gibt es auch bereits eine Vielzahl von Entscheidungen zu Schmerzensgeldforderungen wegen tatsächlichen oder vermuteten Verstößen gegen die DSGVO. Diese Entscheidungen finden Sie übersichtlich zusammengefasst und regelmäßig aktualisiert in der Latham DSGVO-Schadensersatztabelle.

Anders als etwa in Österreich gibt es aber bislang kaum Entscheidungen deutscher Obergerichte zur Anwendung von Art. 82 DSGVO. Allerdings entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Anfang 2021, dass letztinstanzlich tätige Gerichte Klagen auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO nicht allein mit der Begründung abweisen dürfen, der vom Kläger erlittene Schaden habe eine gewisse Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten. Kommt es für Entscheidungen deutscher Gerichte allein auf die Auslegung der DSGVO als europäische Verordnung an, muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Lesen Sie hier unsere Zusammenfassung zur Entscheidung des BVerfG. Continue Reading

Paukenschlag des LAG Hamm – 1.000 Euro DSGVO-Schadensersatz für unvollständige Datenauskunft

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von Tim WybitulDr. Isabelle Brams

Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urt. v. 11.5.2021 – 6 Sa 1260/20) hat ein Unternehmen dazu verurteilt, einer ehemaligen Mitarbeiterin 1.000 Euro Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu zahlen. Damit reiht sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in eine Reihe bereits ergangener arbeitsgerichtlicher Entscheidungen zum DSGVO-Schadensersatz im Zusammenhang mit datenschutzrechtlichen Auskunftsanträgen ein. Der vorliegende Überblick fasst die wesentlichen Aspekte der Entscheidung und ihre Folgen für die Praxis zusammen. Continue Reading

Datenschutz vor Gericht – rechtssichere Reaktion auf Datenpannen, Cyber Security-Vorfälle und sonstige mögliche Datenschutzverstöße

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Von Tim Wybitul und Johannes Zhou

Immer häufiger müssen Gerichte über Verfahren wegen tatsächlichen oder behaupteten Bußgeldverstößen entscheiden. Hierbei geht es oft um sehr hohe Beträge und erhebliche persönliche Haftung für die beteiligten Entscheidungsträger. Mit der fortschreitenden Digitalisierung nehmen beispielsweise auch Datenpannen und sonstige Cyber Security-Vorfälle zu. Solche Vorgänge können erhebliche geschäftliche und finanzielle Risiken mit sich bringen. Denn bei Cyber Security-Vorfällen spielen häufig datenschutzrechtliche Aspekte eine wichtige Rolle. Unternehmen könnten wegen möglichen Datenschutzverstößen nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haften. Mittlerweile sind Bußgelder in Millionenhöhe und massenhaft geltend gemachte Schadensersatzforderungen keine Seltenheit. Auch hier geht es bei den entsprechenden Haftungsrisiken oft um Millionenbeträge.

Um den Risiken durch Bußgelder und Schadensersatzforderungen nach der DSGVO zu begegnen, ist ein vorab erstellter Ablaufplan für den Umgang mit Cyber Security-Vorfällen sehr hilfreich. Ein solcher Ablaufplan und weitere Strategien für eine erfolgreiche Verteidigung gegen Bußgelder und Schadensersatzforderungen finden Sie in dem hier abrufbaren Beitrag aus dem aktuellen Heft des Datenschutz-Beraters (DSB). Der Beitrag erscheint mit freundlicher Genehmigung des dfv (Deutscher Fachverlag).

Lesen Sie hier auch unseren Beitrag aus der Zeitschrift für Datenschutz (ZD), der die wichtigsten Argumente und Prozessstrategien für Bußgeldverfahren vertieft. Der hier abrufbare Beitrag aus der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) befasst sich näher mit Prozessstrategien für Schadensersatzverfahren.

Geschäfte mit Datenschutzverstößen – Der schmale Grat zwischen Rechtsmissbrauch und Rechtsbehelf

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Unser Partner und Datenschutzexperte Tim Wybitul diskutiert mit Prof. Dr. Rolf Schwartmann im DataAgenda Datenschutz Podcast über aktuelle Entwicklungen zu Schadensersatz bei DSGVO-Verstößen. Betroffene Personen strengen in der Praxis zunehmend entsprechende Schadensersatzklagen an. Diese Entwicklung stellt Wirtschaftsunternehmen vor erhebliche Herausforderungen.

Zum Podcast geht es hier.

Lesen Sie dazu auch unseren Blog-Beitrag “Verteidigung gegen Schadensersatzklagen wegen Datenschutzverstößen”.

Erfolgreiche Verteidigung gegen DSGVO-Bußgelder

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von Tim Wybitul

Mittlerweile haben mehrere deutsche Datenschutzaufsichtsbehörden zweistellige Millionenbußgelder nach Art. 83 DSGVO verhängt. Kurz nach Geltung der DSGVO war es teilweise noch durchaus möglich, sich mit den zuständigen Behörden einvernehmlich auf niedrige Bußgeldzahlungen zu einigen. So konnten wir beispielsweise bei einem der ersten auf der Grundlage der DSGVO verhängten Bußgelder mit der zuständigen Behörde eine Einigung auf eine Zahlung von 20.000 Euro erzielen. Derartige Erfolge werden vor dem Hintergrund der mittlerweile oft sehr hohen in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten verhängten Bußgelder wegen Datenschutzverstößen schwieriger. Continue Reading

Datenschutzorganisation startet Kampagne gegen Webseiten-Betreiber in der EU auf Basis eigener Interpretation der Regeln für Cookie-Banner

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von Tim Wybitul, Dr. Wolf-Tassilo Böhm, Gail CrawfordMyria SaarinenCharlotte Guerin, Amy Smyth

Die Datenschutzorganisation noyb droht mit über 10.000 Beschwerden wegen möglicher rechtswidriger Verwendung von Cookies.

Am 31. Mai 2021 startete die Datenschutzorganisation noyb (die Abkürzung steht für „none of your business“) eine groß angelegte Kampagne, um möglicherweise rechtswidrige Cookie-Banner und unzulässigen Einsatz von Cookies und vergleichbaren Tracking-Technologien zu bekämpfen. In einer Pressemitteilung gab noyb an, bereits den Betreibern von mehr als 500 vielbesuchter Webseiten Entwürfe für Beschwerden übersandt zu haben. Noch im Laufe dieses Jahres planen die Datenschutzaktivisten nach eigenen Angaben, noch bis zu 10.000 weitere Beschwerden einzureichen. Continue Reading

Bundesrat stimmt Betriebsrätemodernisierungsgesetz zu – Klarheit bezüglich der datenschutzrechtlichen Stellung des Betriebsrats?

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von Tim WybitulDr. Isabelle BramsAnne KleffmannDr. Tobias Leder

Der Bundesrat hat am 28. Mai 2021 dem „Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt“ (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) zugestimmt. Das Gesetz wird damit noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten. Die verabschiedete Gesetzesfassung sieht auch eine Regelung zur datenschutzrechtlichen Stellung des Betriebsrats vor. Auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales wurde die geplante Regelung noch um klarstellende Formulierungen zum Verhältnis zwischen Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem ergänzt. Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz legt der Gesetzgeber fest, dass der Betriebsrat in datenschutzrechtlicher Hinsicht Teil des Unternehmens ist und seine Datenverarbeitungen der Kontrolle des Datenschutzbeauftragten unterliegen. Diese gesetzliche Klarstellung einer intensiv diskutierten und für die Praxis relevanten Rechtsfrage. Allerdings wirft die getroffene Regelung auch neue Fragen auf. Continue Reading

White Collar & Compliance Academy 2021 | Der Marathon

Posted in White Collar, White Collar & Compliance Academy 2021

Compliance-Monitoring: vier Ratschläge für Unternehmen

Von Prof. Dr. Thomas Grützner

Wenn die US-Justiz eine*n Kontrolleur*in einsetzt, wird es für alle Beteiligten anstrengend. Wie ein Compliance-Monitoring abläuft – und worauf es dabei ankommt. Ein Gespräch mit Dr. Kurt Michels, Group Chief Compliance Officer des Volkswagen-Konzerns.

Derzeit laufen weltweit neun US-Monitorships, von denen drei deutsche Unternehmen betreffen. Das zeigt, dass das Thema für Entscheider*innen hochrelevant ist. Aber was genau geschieht bei einem Compliance-Monitoring? Und vor allem: Wie sorgen Verantwortliche dafür, dass es reibungslos und erfolgreich verläuft?

Im Austausch mit Dr. Kurt Michels haben sich vier Ratschläge herauskristallisiert, die betroffene Entscheider*innen beherzigen sollten. Continue Reading

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